Rechtsanwalt Schabbeck zu Gast bei der OTWorld

Auf der Fachmesse www.ot-world.com den neuen § 299a StGB vorgestellt

Gemeinsam mit dem Kooperationspartner Dipl.-Pflegewirt Müller stellte Rechtsanwalt Schabbeck auf der OTWorld im Rahmen des Ausstellerworkshops der Ofa Bamberg die neuen Regelungen vor.

Rechtsanwalt Schabbeck wies dabei zunächst darauf hin, dass der Bundestag am 14.04.2016 ein Gesetz verabschiedet hat. Es sei nunmehr damit zu rechnen, dass § 299a StGB bald eingeführt wird. Dies sei nur noch eine Frage der Zeit.

Dementsprechend ging Rechtsanwalt Schabbeck kurz auf die Entstehungsgeschichte des § 299a ein und wies darauf hin, dass er nach wie vor der Auffassung sei, dass es sich hier um eine Norm handelt, die rein aus politischen Gründen geschaffen wurde. Eine Notwendigkeit sah und sieht Schabbeck hierfür nicht.

Allerdings stünden nun die folgenden Änderungen ins Haus:

Zum einen wurde das Strafgesetzbuch um Normen ergänzt, die die Bestechlichkeit und die Bestechung im Gesundheitswesen unter Strafe stellen würden. Darüber hinaus wird das Sozialgesetz V entsprechend ergänzt, was die Kommunikation mit den Ermittlungsbehörden betrifft.

Herr Schabbeck führte fort, dass er trotz der Änderungen der Auffassung sei, dass es bei den Änderungen im Wesentlichen darum ginge, die bisher in der Berufsordnung der Ärzte verankerten Vorschriften, nämlich die unerlaubte Zuweisung (§ 31 Musterberufsordnung Ärzte) einerseits sowie die unerlaubten Zuwendungen nach § 32 MBO andererseits unter Strafe zu stellen. Bei diesen beiden Normen würde es sich um die wesentlichen Wettbewerbsregelungen handeln, die im Rahmen des § 299a StGB § 299b StGB benannt seien.

In Ergänzung dazu sei für die Strafrechtskomponente zusätzlich die sogenannte Unrechtsvereinbarung notwendig.

Schabbeck stellte dann die §§ 31 und 32 MBO Ärzte vor. Er wies zunächst darauf hin, dass § 31 Abs. 1 MBO Ärzte die Zuweisung von Patientinnen oder Patienten gegen Entgelt oder andere Vorteile unter Strafe stellen würde.

Hierfür gebe es im Gegensatz zum § 31 Abs. 2 MBO Ärzte auch keine Ausnahme. Denn nach § 31 MBO Ärzte dürften Patienten mit hinreichendem Grund an andere Leistungserbringer empfohlen werden. Allerdings eben nicht gegen ein Entgelt oder einen anderen Vorteil.

Bevor sich Schabbeck der Frage nach den hinreichenden Gründen widmete, zeigte er zunächst auf, dass der Begriff des Vorteils im § 31 Abs. 1 MBO Ärzte weit gefasst ist. So würde jeglicher wirtschaftlicher Vorteil, der beim die Empfehlung Aussprechenden landen würde, als Verstoß gegen § 31 Abs. 1 gesehen. Hierzu würden auch indirekte Übernahmen von Kosten, wie die Übernahme von Personal und Fortbildungskosten, gehören. Die Gewährung von Cashback, die Abfuhr von Müll, die ansonsten selbst bezahlt werden müsste, oder aber auch das Zahlen einer überhöhten Miete oder der Einkauf sonstiger Leistungen, die ohne wirtschaftlichen Wert sind.

Sodann wies Schabbeck darauf hin, dass Empfehlungen allerdings dann sehr wohl zulässig wären, wenn es einen hinreichenden Grund dafür gebe. Insofern besteht hier nach der entsprechenden Rechtsprechung des Gerichtshofs Klarheit, dass einerseits eine Empfehlung dann ausgesprochen werden darf, wenn der Patient ausdrücklich nach einer solchen Empfehlung fragt. Dann müssten, so Schabbeck, auch nicht mehrere Leistungserbringer durch den Arzt empfohlen werden. Der Arzt könne dann seinen „Favoriten“ benennen.

Die zweite Gruppe an zulässigen Empfehlungen ist die, wenn die komplexe medizinische Versorgung des Patienten eine gemeinsame Zusammenarbeit von Arzt und Dritten notwendig machen würde oder sonst der Dritte besonders qualifiziert sein müsste. Dabei kann es sich allerdings nicht um lediglich gute Erfahrungen in der Vergangenheit mit einem besonderen Leistungserbringer handeln. Wesentlich ist hierbei, dass in der komplexen Behandlung des Patienten der Rechtfertigungsgrund liegt. Schabbeck wies ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei um die Ausnahme und nicht den Regelfall handeln könne. In diesen Fällen ist also von einem strafbaren Handeln nicht auszugehen, wenn eine Zahlung im Gegenzug nicht erfolgt.

Ferner wies Schabbeck noch auf den § 32 MBO Ärzte hin. Nach diesem ist es Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, Geschenke oder andere Vorteile anzunehmen, wenn dadurch die ärztliche Unabhängigkeit in Gefahr sei. Die Bundesärztekammer sieht oder sah mindestens im Jahr 2004 die ärztliche Unabhängigkeit ab 50,00 € in Gefahr (Deutsches Ärzteblatt 2004, AA-297, 298). Dabei ist natürlich ein derartiger Freibetrag nicht jeden Monat, jede Woche oder gar jeden Tag auszuschöpfen. In welcher Wiederholung die Bundesärztekammer von der Zuwendung von 50,00 € ausgeht, hat sie nicht dargestellt. Der Freibetrag dürfte allerdings jedes halbe Jahr oder jährlich ohne weiteres möglich sein.

In einem Exkurs wurde von Schabbeck noch darauf hingewiesen, dass die sozialrechtliche Erlaubnis allerdings die Annahme von Vorteilen und auch die Zuweisung von Patienten erlaube. So wäre dies beispielsweise in einem integrierten Versorgungsvertrag mit gesetzlichen Krankenkassen möglich. Auch das Überleitungsmanagement nach § 39 Abs. 1a SGB V, wie es seit dem 01.01.2016 gilt, bietet hier Möglichkeiten.

Um nun nach § 299a StGB bestraft zu werden, bedarf es zudem noch einer sogenannten Unrechtsvereinbarung in der Zusammenarbeit. Diese dann erfüllt, wenn der Vorteil als Gegenleistung für eine künftige unlautere Bevorzugung im Wettbewerb gewährt wird. Dabei ist davon auszugehen, dass mindestens eine stillschweigende Übereinkunft notwendig ist, damit die Vorteilszuwendung zumindest auch aufgrund der angestrebten Bevorzugung erfolgt. Dementsprechend wäre es nicht ausreichend, wenn lediglich Zuwendungen zur Erzielung eines lediglich allgemein erhaltenen Wohlwollens oder Zuwendungen erfolgen, die nur gelegentlich oder anlässlich einer Handlung des Vorteilsnehmers erfolgen, ohne dass eine solche Verknüpfung besteht.

Was bedeutet dies im Einzelfall:

Werden die Kosten für die Betriebsfeier übernommen, so liegt hier auf jeden Fall zunächst einmal ein Verstoß gegen § 32 MBO Ärzte vor. Insofern ist es Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, Geschenke für sich oder Dritte anzunehmen. Die Übernahme von Kosten einer Betriebsfeier ist sicher ein Vorteil. Er wird auch über 50,00 € liegen. Ein Verstoß gegen § 32 MBP Ärzte liegt also vor.

Mitnichten ist allerdings gleichzeitig auch die Unrechtsvereinbarung vorliegend und damit ist nicht selbstredend das Verhalten strafbar nach §§ 299a StGB.

Insofern kommt es nämlich auf die Verknüpfung zwischen der Übernahme der Kosten und des Empfehlungsverhaltens des Arztes an. Lädt beispielsweise der Pharmavertreter zum Ende des Jahres den Arzt ein, weil er sich für ein gutes vergangenes Geschäftsjahr bedanken möchte, aber er ausdrücklich darauf hinweist, dass dies nichts mit dem Verhalten des Arztes im nächsten Jahr zu tun hat, so ist dieses Verhalten beispielsweise nicht strafbar. Wenn allerdings am Anfang des Jahres darüber gesprochen wurde, dass bei einem guten Umsatz in diesem Jahr die Kosten durch das Unternehmen des Pharmavertreters getragen werden sollten, dann wäre ein solches Verhalten strafbar. Denkt der Pharmavertreter lediglich an das nächste Jahr und möchte die Kundenbeziehung „pflegen“, so wäre dies grundsätzlich nicht strafbar. Weist der Pharmavertreter allerdings darauf hin, dass er die Kosten für die Betriebsfeier deswegen übernimmt, weil er davon ausgeht, dass das nächste Jahr ein gutes Jahr werden würde, so wäre dieses strafbar.

Zum Schluss ging Schabbeck noch auf die Frage ein, was an Bestrafung für die Beteiligten im Raume stünde. Er wies darauf hin, dass §§ 299a und b StGB lediglich eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vorsehen. Er wies allerdings auch darauf hin, dass in § 300 eine sogenannte Qualifikation für den Fall vorliegen würde, wenn sich die Tat auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder die Täter gewerbsmäßig handeln oder als Mitglied einer Bande tätig werden würden, die sich zur fortgehenden Begehung solcher Taten verbunden hätte. Dann läge die Strafe bei drei bis fünf Jahren.

Schabbeck stellte die Sinnhaftigkeit dieser Regelung infrage. Denn gewerbsmäßiges Handeln setzt voraus, sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen. Da typischerweise Kooperationen im Gesundheitswesen auch dieser Art dauerhaft sind, dürfte regelmäßig von gewerbsmäßigem Handeln auszugehen sein. Auch die Voraussetzungen der Mitgliedschaft in einer Bande seien schnell erreicht. Nach der Rechtsprechung sei dies der Fall, wenn sich drei Personen über eine gewisse Dauer zu mehreren selbstständigen Straftaten verbinden würden. Auch drei Personen seien bei einer Zweier-BAG und einem Pharmareferenten schnell erreicht.

Insgesamt fasste Schabbeck zum Ende des Vortrags seine Kritik nochmals zusammen und wies darauf hin, dass es sich bei dem „Zusatz“ Strafbarkeit nur um eine Nuance der typischen Problematiken handle. Aus seiner Sicht seien die Schwerter des Sozialrechts scharf genug. In der Praxis zeige sich nämlich, dass die existenzbedrohenden Eingriffe im Rahmen der illegalen Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Leistungserbringungen im Gesundheitswesen in der Regel daraus resultieren, dass Regresse, die auch im Millionenbereich verlangt werden, und dementsprechend Zulassungen zur Versorgung nach SGB V entzogen würden. Dies gelte für die Sanitätshäuser einerseits genauso wie auch für die Ärzte andererseits. Dass dies nunmehr zusätzlich noch von einer Strafbarkeit flankiert werden würde, die es sowieso auch in der Vergangenheit schon gegeben hätte, wäre aus Sicht Schabbecks nur eine zusätzliche Nuance.

Schabbeck wies zuletzt darauf hin, dass es sinnvoll wäre, die vorhandenen legalen Methoden der Zusammenarbeit zu nutzen. Dies sei zwar im Aufsetzen der Kooperation häufig etwas anspruchsvoller, aber mit Sicherheit das „bessere Konzept“.

Dem Vortrag von Schabbeck schloss sich dann der Vortrag von Dipl.-Pflegewirt Müller an, der sich mit ebenjenen Themen der legalen Kooperation auseinandersetzte.